(Wenn die Rente nicht reicht … Wohnen im Alter)
37-40 % der RentnerInnen leben in Deutschland unterhalb der offiziellen Armutsgrenze von 1.378 €. Und das bei stetiger Inflation und kaum noch bezahlbaren Mieten. Das ist krass, Leute! Und die Diskussion um ein menschenwürdiges und zukunftsfähiges Rentensystem wird weiterhin von scheinbar wichtigeren Themen abgedrängt.
Bis sich, irgendwann vielleicht, hoffentlich, irgendwann … politische Lösungen finden, stehen viele Senioren vor großen Schwierigkeiten und suchen händeringend alternative Wohnformen. In Berlin, meiner Heimatstadt, sieht man zum Beispiel viele ältere Pfandflaschensammler, was den Gründer des Start-ups Blinkist, Sebastian Klein, dazu bewegte, den Großteil seiner 5 Millionen für eine bessere Lebensqualität aller zu spenden. Er hat anschließend ein Buch veröffentlicht, es heißt „toxisch reich“ und er erläutert darin unter anderem die These „warum extremer Reichtum unsere Demokratie gefährdet“. Hut ab vor diesem Mann. Ich hoffe, er findet viele Nachmacher.
Auch ganz gerne dürfen Politiker, die wirklich etwas ändern könnten, sich mal in unserer Community umhorchen und nicht nur so tun, als interessierten sie sich für die Anliegen der Bürger in diesem Land. Ladet sie dazu ein, wo ihr nur könnt! Es ist erschreckend, wie viele Menschen aufgrund ihrer Rentenarmut nicht in der Lage sind, ihre zum Teil sehr ungünstige Wohn- und Lebenssituation zu verändern, beziehungsweise am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben.
Dieser Artikel beleuchtet, wie das deutsche Rentensystem völlig an der Realität vorbeigeht, alles andere als sozial ist und Altersarmut hervorbringt – und natürlich, welche Rolle gemeinschaftliches Wohnen im Alter dabei einnehmen kann.
Der Blick auf das Rentensystem und seine Schwächen
Das deutsche Rentensystem ist eines der wenigen in Europa, das fast ausschließlich auf Umlage und Beitragszahlungen setzt – und das führt gerade bei niedrigen Einkommen oder unterbrochenen Erwerbsbiografien (oft Selbstständige, Teilzeit wegen Erziehung, Leistungsminderung, psychischen und gesundheitlichen Problemen, Pflegezeiten etc.) zu hoher Altersarmut.
Länder mit Mischsystemen oder steuerfinanzierter Grundsicherung schneiden bei der Altersabsicherung überwiegend besser ab.
Die Fakten in Deutschland: Wer in seinem Erwerbsleben nur wenig verdient hat, in Teilzeit gearbeitet oder längere Zeit ausgesetzt hat (z. B. für gemeinnützige Projekte, Kunst, Forschung, Entwicklungshilfe, Start-up-Gründungen, Kindererziehung oder Pflege etc.), erhält oft nur eine sehr geringe Rente. Besonders betroffen sind davon Frauen, Alleinerziehende und Selbstständige ohne genügend private Vorsorge – aber auch viele Menschen mit durchgehender Erwerbsbiografie im Niedriglohnsektor.
Solo-Selbstständige haben zum Beispiel oft über Jahre hinweg in ihr Unternehmen investiert, damit dann eine Weile überlebt, aber nicht in eine Rentenversicherung einzahlen können oder nur sehr geringfügig. Für diese Personengruppe wird die Rente zum Alarmsignal: Sie müssen sich nicht nur mit einer niedrigeren Rente auseinandersetzen, sondern haben, wenn sie alleine wohnen oder der Partner plötzlich weg ist, auch kein Auffangnetz durch ein soziales Unterstützungssystem.
Die Grundrente – ein ziemlicher Witz
Die sogenannte Grundrente (eigentlich ein Rentenzuschuss) sollte laut politischem Versprechen gerade für diese Gruppen eine Unterstützung bieten. Doch sie greift nur bei ganz wenigen, genauer gesagt nur bei jenen, die 35 Jahre angestellt waren, in Ausnahmen und mit Abzügen 33 Jahre. Aber das ist nicht die einzige Voraussetzung. Abschläge bzw. Kürzungen dieses Zuschusses bis hin zu „rein gar nichts“ gibt es schon, wenn man im Renteneintrittsalter über 1.375 brutto verdient hat. Ja, richtig gehört und ja, krass – realitätsferner geht’s wohl kaum. Sämtliche andere Einkommensarten, einschließlich das des Ehepartners werden auch angerechnet. Am Ende kommt dann meist nichts mehr raus. Laut Statistik erhalten etwa 5 % aller Rentenempfänger den Grundrentenzuschuss. Hallo? Bei knapp 40 % Rentnern, die unterhalb der Armutsgrenze leben?
Und selbst mit diesem „Grundrentenzuschuss“ reicht die Rente oft nicht aus, um im Alter einen Lebensstandard zu sichern, der über dem Existenzminimum liegt. „Armes Deutschland“ lässt grüßen. Aber toll, dass zumindest der Mietendeckel verlängert wird, dann haben wir ja nichts befürchten, über 20 €/qm wird’s wohl nicht hinausgehen 😉 .

Altersarmut – mehr als nur ein finanzielles Problem
Altersarmut bedeutet aber eben nicht nur, wenig Geld zu haben. Nein, sie führt in soziale Isolation, bringt eine Menge Stress und Scham mit sich. Wo kaufen, wo geht’s billiger und wie komm ich über die Runden? Viele ältere Menschen ziehen sich zurück und verzichten auf kulturelle Teilhabe oder notwendige medizinische Leistungen – einfach, weil das Geld fehlt. Die Wohnkosten machen dabei häufig den größten Teil der monatlichen Ausgaben aus und liegen leider gar nicht wie sie sollten bei max. 30 %.
Wer im Alter alleine lebt und eine kleine Rente bezieht, muss schon außergewöhnliches Glück haben einen passenden Platz für sich zu finden. Manche haben auch das Problem, einen passenden zu halten. Beispiele gibt es genügend in unserer Community.
Gemeinschaftlich Wohnen im Alter?
Wohngemeinschaften bieten hier eine interessante Alternative.
Vorteile, die auf der Hand liegen:
- Kosten senken. Die Idee: Mehrere Menschen teilen sich Wohnraum, verteilen Kosten wie Miete, Strom und Heizung auf mehrere Schultern.
- Der sozialen Vereinsamung entgegenwirken – ein neues, aber traditionell eigentlich selbstverständliches Miteinander.
- Sich gegenseitig im Alltag unterstützen – sei es beim Einkaufen, was aus der Apotheke holen … man muss nicht immer alles selber machen. Das entlastet.
- Seelische Gesundheit: Ein offenes Ohr bei Sorgen tut einfach gut. Sein Leben teilen, statt sich nur um sich selbst zu drehen.
Das Spektrum an Gemeinschaften im Alter ist vielfältig: von selbstorganisierten Hausgemeinschaften über generationenübergreifende Wohnprojekte bis hin zu WG-ähnlichen Modellen für Menschen ab 50 oder 60, Wohnen gegen Hilfe. Manche leben in einer klassischen Wohngemeinschaft mit gemeinsamer Küche und Wohnzimmer, andere bewohnen getrennte Einheiten in einem Haus und teilen sich nur bestimmte Räume und Aktivitäten.

Gemeinschaftlich Wohnen im Alter?
Wohngemeinschaften bieten hier eine interessante Alternative.
Vorteile, die auf der Hand liegen:
- Kosten senken. Die Idee: Mehrere Menschen teilen sich Wohnraum, verteilen Kosten wie Miete, Strom und Heizung auf mehrere Schultern.
- Der sozialen Vereinsamung entgegenwirken – ein neues, aber traditionell eigentlich selbstverständliches Miteinander.
- Sich gegenseitig im Alltag unterstützen – sei es beim Einkaufen, was aus der Apotheke holen … man muss nicht immer alles selber machen. Das entlastet.
- Seelische Gesundheit: Ein offenes Ohr bei Sorgen tut einfach gut. Sein Leben teilen, statt sich nur um sich selbst zu drehen.
Das Spektrum an Gemeinschaften im Alter ist vielfältig: von selbstorganisierten Hausgemeinschaften über generationenübergreifende Wohnprojekte bis hin zu WG-ähnlichen Modellen für Menschen ab 50 oder 60, Wohnen gegen Hilfe. Manche leben in einer klassischen Wohngemeinschaft mit gemeinsamer Küche und Wohnzimmer, andere bewohnen getrennte Einheiten in einem Haus und teilen sich nur bestimmte Räume und Aktivitäten.
Gemeinschaftlich Wohnen im Alter – ein Beitrag zur Rentenentlastung
Auch volkswirtschaftlich kann gemeinschaftliches Wohnen im Alter eine wichtige Rolle spielen. Denn wer Wohnraum teilt, entlastet nicht nur seinen eigenen Geldbeutel, sondern auch das Sozialsystem: Den es bedeutet meist weniger Bedarf an Grundsicherung und selbst Pflegeleistungen. Alternative Wohnformen im Alter bedeuten eben weniger Einsamkeit und damit potenziell bessere gesundheitliche Prävention als auch gesundheitliche Versorgung durch das soziale Eingebundensein.
Was es jetzt braucht: Unterstützung und Sichtbarkeit
Damit gemeinschaftliche Wohnformen wirklich ein Teil der Lösung gegen Altersarmut werden können, braucht es mehr Sichtbarkeit, politische Unterstützung und niedrigschwellige Angebote. Es fehlen oft bezahlbare Immobilien, konkrete Umzugs-Unterstützung, Förderprogramme oder einfach zugelassene Flächen für Tinyhouse-Dörfer. Auch rechtliche Fragen, etwa zu Mietverträgen oder zu sozialrechtlichen Regelungen stellen für viele ältere Menschen Hürden dar. Hier sind Kommunen, Wohnungsbaugesellschaften, Stiftungen und nicht zuletzt auch zivilgesellschaftliche Initiativen gefragt, um neue Wohnformen zu fördern.

Zwei inspirierende Beispiele für gemeinschaftliches Wohnen im Alter:
Wohnen im Alter e.V. (WiA) – Karben, Hessen
In Karben bei Frankfurt gibt es ein ganz besonderes Wohnprojekt: Der Verein „Wohnen im Alter e.V.“ (WiA) wurde 2011 gegründet, mit dem Ziel, Menschen ab etwa 50 ein eigenständiges, selbstbestimmtes Leben in Gemeinschaft zu ermöglichen. Der Wunsch: Nicht vereinsamt in der Wohnung zu sitzen – sondern eingebunden zu bleiben, einander zu unterstützen und trotzdem Rückzugsorte zu haben. Nach mehreren Jahren Planung und der Unterstützung durch die Stadt Karben wurde 2016 das erste Wohnhaus bezogen. Es bietet 21 barrierefreie Mietwohnungen, ergänzt durch einen großzügigen Gemeinschaftsraum mit Küche, Hobbyraum mit Fitnessgeräten sowie einen gemeinschaftlich gepflegten Garten. Die Wohnungen sind individuell – die Gemeinschaft ist freiwillig, aber herzlich. Was macht das Projekt besonders? Die Bewohner*innen organisieren ihr Zusammenleben selbst. Es gibt AGs für Garten, Technik, Gemeinschaftsraum etc. Gemeinsame Aktivitäten wie Kochen, Spielen, Feste, Feiern und auch stille Angebote wie Achtsamkeitsrunden oder Singen gehören zum Alltag. Der Garten ist nicht nur grün, sondern ein Treffpunkt für Mensch und Tier: Vögel, Eichhörnchen – und manchmal auch eine Nachtigall sorgen für Unterhaltung. Ein zweites Haus ist in Planung. Aufgrund des Erfolgs des ersten Hauses hat sich eine neue Gruppe („WiA 2“) gegründet, die mit der Stadt Karben am nächsten Wohnprojekt arbeitet. Auch dort sollen wieder barrierefreie Wohnungen entstehen, mit Platz für ein gutes Leben in Gemeinschaft. Der Einzug ist für 2025 geplant. Witziges am Rande: Im ersten Jahr mussten sich einige Bewohner*innen erst an das Gemeinschaftsleben gewöhnen – etwa daran, dass gemeinsames Gärtnern auch mal bedeutet, dass der Lieblingsstrauch plötzlich „zurückgeschnitten“ wird. Heute wird darüber gelacht – und gelernt. Kontakt & Infos: Webseite: www.wia-karben.de E-Mail: [email protected] Telefon: 06039/41913 oder 06039/4676521
Hinweis: Das Beispiel aus Karben zeigt, wie gemeinschaftliches Wohnen im Alter funktionieren kann – allerdings ist der Mietpreis mit ca. 12 € pro m² netto kalt nicht für alle erschwinglich. In einigen Fällen kann jedoch Wohngeld oder Grundsicherung unterstützen. Wichtig ist: Es braucht mehr bezahlbare, gemeinschaftliche Wohnprojekte – und darum geht es in diesem Beitrag auch.
„Wohnen für Hilfe“ – ein bundesweites Projekt, Beispiel Berlin
Das Konzept „Wohnen für Hilfe“ setzt voraus, dass der Senior etwas Wohnraum übrighat. Einige haben das und daneben nicht viel Rente, was heißt, sie können sich schlecht Unterstützung „einkaufen“. Das Konzept „Wohnen für Hilfe“ wird durch verschiedene Plattformen und Initiativen unterstützt, die Wohnraumsuchende mit Senioren zusammenbringen, die Unterstützung benötigen. Eine zentrale Anlaufstelle ist die Plattform mitwohnen.org, die Angebote und Gesuche für Wohnpartnerschaften veröffentlicht. Zudem gibt es lokale Initiativen und Projekte, die dieses Modell fördern und begleiten.
Wie funktioniert „Wohnen für Hilfe“ in Berlin? Das Prinzip basiert auf gegenseitigem Austausch: Wohnraum gegen Alltagsunterstützung. Als Faustregel gilt: Pro Quadratmeter Wohnfläche, die der Student oder junge Erwachsene bewohnt, leistet er eine Stunde Hilfe pro Monat. Diese Unterstützung kann vielfältig sein – von Putzen und Kochen, Hilfe im Haushalt, Einkäufen, Gartenarbeit bis hin zu Gesellschaft leisten. Die jungen Leute zahlen meistens keine Miete, übernehmen jedoch die Nebenkosten wie Strom, Wasser und Heizung, es sind aber auch Mischformen möglich. Ein Beispiel für eine erfolgreiche Wohnpartnerschaft in Berlin ist die Wohnpartnerschaft zwischen einer älteren Dame in Spandau und einer 27-jährigen Studentin. Die Studentin unterstützt die Dame im Alltag, beispielsweise beim Einkaufen und Sauermachen. So zahlt sie keine Miete für ihr eigenes Zimmer und hat sogar reichlich Platz zur Verfügung durch die Gemeinschaftsräume.
Fazit: Gemeinschaftliches Wohnen im Alter kann Armut und Not mildern
Das derzeitige Rentensystem allein wird die Herausforderungen der Altersarmut nicht bewältigen können. Es braucht politische und derweil auch kreative, soziale und praxisnahe Lösungen – und Wohngemeinschaften sind eine davon. Sie verbinden finanzielle Entlastung mit sozialer Nähe und geben Menschen im Alter ein Stück Lebensqualität zurück. Dort, wo Menschen füreinander da sind, lässt sich auch mit wenig Rente ein würdevolles und erfülltes Leben führen. Zudem lohnt es sich auch für den Staat, er hat es nur noch nicht wirklich realisiert. Wenn Menschen im Alter in stabilen Gemeinschaften leben, steigt ihre Lebensqualität – und das wirkt sich laut Studien positiv auf ihre Gesundheit aus und damit auch auf die gesellschaftlichen Kosten.
Wenn du für dein Wohnprojekt aktiv werden möchtest, empfehle ich dir unsere Kerngruppe Community Pro – nicht öffentlich, sicherer und mit Events.
Ein großes Dankeschön für die Fotos geht an (der Reihenfolge nach nach unten) :
Pham The, RDNE Stock Projekt, Fred Froese, Beitragsbild: Askar Abay.