Wohngemeinschaften 40 plus als Antwort auf einen überforderten Wohnungsmarkt und was planetarische Balance damit zu tun hat
Wer in der Stadt wohnt, braucht entweder ein Spitzengehalt oder verdammt viel Glück. Der Wohnungsmarkt gleicht einem Haifischbecken, in dem Normalverdiener längst gefressen wurden. Besonders Wohnungssuchende, die bezahlbar, angenehm und ihren Bedürfnissen entsprechend leben möchten, sehen sich schnell ohnmächtig angesichts der Lage auf dem Wohnungsmarkt. Und die Politik? Schaut zu und redet von einer Verlängerung des Mietpreisdeckels, der überhaupt nichts gedeckelt hat.
All das führt zu Unzufriedenheit, und viele bei uns in der Community drücken ihren Unmut bei jeder Gelegenheit aus. Doch was wäre konstruktiver als Meckern? Vielleicht ein offener Blick auf global neue und heilsamere Wege?
Wir können auch in uns gehen und individuell nach ungewöhnlichen und hoffentlich passenderen Wegen suchen. Schauen, was wir wirklich lieben und was wir getrost aufgeben können. Darüber vielleicht ein andermal mehr – vielleicht in Form einer Sammlung alternativer Strategien, wie man schön und bezahlbar leben kann.
Hier und heute ein anderes Experiment: Betrachten wir diese Herausforderung einmal nicht nur als eine lokale, sondern auch als eine globale Angelegenheit. Mal zur Abwechslung über den deutschen Tellerrand hinausschauen – auf den Planeten an sich, der ziemlich aus der Balance ist, auch was die Lebensgrundlagen vieler Arten betrifft. Und unsere gehen auch immer mehr zur Neige.
Die Herausforderung, eine bezahlbare Wohnung zu finden und die sozialen Folgen
Der Wohnungsmangel sorgt in vielen Großstädten für „dicke Luft“. Die Mieten steigen unaufhörlich, und besonders Ältere, Singles und junge Leute haben es zunehmend schwer, einen geeigneten Platz zum Leben zu finden. Die Lebensqualität in den Städten verschlechtert sich dadurch und viele sehen sich gezwungen, teure Mieten zu zahlen und sich ansonsten nichts mehr leisten zu können, auch nicht das eigentlich nötige Zurücklegen für die Rente. Besonders in einer Zeit, in der die soziale Ungleichheit immer weiter wächst, führt dies zu einem tiefen Gefühl von Unsicherheit und Unzufriedenheit mit den Entwicklungen in Deutschland und der Migrationspolitik. Doch was steckt noch hinter dieser Entwicklung? Ist es nur eine Frage von Angebot und Nachfrage – oder gibt es größere, globale Zusammenhänge?

Eine Betrachtung der planetaren Balance
Wenn wir diese Bedrohung unserer existenziellen Bedürfnisse, zu denen besonders Wohnen zählt, aus der Vogelperspektive betrachten, wird deutlich, dass dieser wachsende Druck auf den Wohnungsmarkt in einem globalen Zusammenhang steht: dem der planetaren Balance. Der Begriff meint das notwendige Gleichgewicht zwischen der menschlichen Zivilisation und der Erde, auf der wir leben.
Während wir uns mit täglichen Herausforderungen auf regionaler Ebene herumschlagen – seien es die Suche nach passendem Wohnraum, Probleme mit Stress, Gesundheit, Leistungsdruck oder den steigenden Lebenshaltungskosten – verlieren wir leicht eine übergeordnete Perspektive aus dem Blick: Dass Lösungen auch oder sogar viel entscheidender auf globaler Ebene liegen mögen und mit einem übergeordneten Ansatz die Balance zwischen Mensch und Natur langfristig zurückgewonnen werden kann.
Eine der wichtigsten, aber oft tabuisierten Themen in dieser Diskussion ist das starke Bevölkerungswachstum. Weltweit wächst die Bevölkerung immer schneller, und damit steigt auch der Druck auf unseren Planeten. Der Ressourcenverbrauch, der Verlust an immer mehr Wald durch Rodung und Bebauung, die Umweltverschmutzung, die Auswirkungen aufs Klima und die Zerstörung von Lebensräumen für Tiere und Natur sind nur einige der Folgen dieser aus der Balance geratenen menschlichen Population. Aber wie hängt dies mit dem angespannten Wohnungsmarkt zusammen?
Bevölkerungswachstum und der Druck auf den Wohnungsmarkt
Mit zunehmender Weltbevölkerung wächst auch die Nachfrage nach Wohnraum. Jeder sucht eine bezahlbare Wohnung, möglichst in der Stadt. In Großstädten konzentriert sich diese Nachfrage besonders stark, da hier sowohl Arbeitsplätze als auch kulturelle und soziale Möglichkeiten gebündelt sind. Doch was passiert, wenn immer mehr Menschen auf begrenzter Fläche leben wollen? Die Preise steigen, und gleichzeitig sinkt die Lebensqualität – sowohl für die neuen Zuzügler als auch für die langjährigen Bewohner, denn es wird enger, und das erzeugt Aggressionen und mehr Kriminalität. Auch unsere Erde ist eine begrenzte Fläche. Wir können nicht alles zubauen, sondern müssen auf die Balance der Biosphären achten.
Günstig wohnen in der Stadt: Wohngemeinschaften als Antwort?

In diesem Zusammenhang sind Wohngemeinschaften zwar nur ein kleiner Lösungsansatz – aber einer, der auch soziale Probleme wie Vereinsamung und Altersarmut mindert. Doch auch hier stellt sich die Frage, wie wir als Gesellschaft und als Individuen zu einer nachhaltigeren Lebensweise finden können, die sowohl den sozialen als auch den ökologischen Bedürfnissen gerecht wird.
Wohngemeinschaften bieten eine praktische Lösung, um ein bezahlbares eigenes Zimmer und gleichzeitig viel Lebensraum und Lebensqualität zu finden. WG’s und andere gemeinschaftliche Wohnformen sind oft günstiger als Einzelwohnungen. Man ist eingebunden in eine Gemeinschaft, die einen auch mal unterstützt, wenn nötig. Aber die wahre Kraft von Wohngemeinschaften liegt nicht nur in der praktischen Lösung des Wohnraumproblems – sie können auch einen Beitrag zu einer nachhaltigeren Lebensweise leisten. Bekannt ist sicherlich, dass mehrere Menschen unter einem Dach, Ressourcen wie Wasser, Energie und Lebensmittel effizienter nutzen. Das ist nicht nur ökonomisch sinnvoll, sondern auch ökologisch. Aber noch viel interessanter daran finde ich persönlich, dass passende Gemeinschaften es Menschen erlauben, weniger Kinder haben zu müssen. Im besten Fall ist die Wahlfamilie ja bereits um einen herum. Ich weiß, dass dieser Gedanke für viele zunächst ungewohnt oder sogar schockierend klingt. Doch wer sich einmal in Ruhe darauf einlässt und den Planeten dabei miteinbezieht, könnte eine neue Perspektive gewinnen – eine, die unsere Sicht auf uns selbst, unseren Platz in dieser Welt, Familie und Nachhaltigkeit erweitert.

Ein Beispiel aus der Praxis: Die nachhaltige Wohngemeinschaft 40plus
Ein inspirierendes Beispiel für eine Wohngemeinschaft, die nicht nur den Wohnraum teilt, sondern auch bewusst nachhaltiger lebt, ist die WG von Sabine (48), Uwe (63) und Claudia (54). Sie wohnen zusammen in einem alten Fachwerkhaus am Rand von Darmstadt – ein Haus, das sie gemeinsam renoviert haben.
Kennengelernt haben sich die drei über die Suche nach Gleichgesinnten. Sabine, die als Physiotherapeutin arbeitet, wollte nach ihrer Scheidung nicht alleine in einer kleinen, teuren Wohnung leben und die Kinder waren gerade ausgeflogen. Uwe, Ingenieur in Altersteilzeit, merkte, dass sein großes Haus ihn mehr belastete als erfreute. Und Claudia, die als Grafikdesignerin arbeitet, suchte eine flexible Wohnform, die bezahlbar und zugleich sozial bereichernd ist.
Heute teilen sie sich nicht nur die Wohnkosten, sondern auch ihren Alltag. Claudia steht gern spät auf und frühstückt genüsslich auf der Terrasse oder vorm Fenster, während Uwe sich um den Gemüsegarten und das Gewächshaus kümmert – ein Projekt, das ihnen allen besonders am Herzen liegt. Sie bauen gemeinsam Kräuter, Tomaten, Zucchini an, probieren auch immer mal etwas anderes aus und versorgen sich damit zum Teil selbst. „Ernten macht am meisten Spaß“, strahlt Claudia. Einkäufe erledigen sie abwechselnd, das spart Zeit für die schönen Dinge. Besonders Sabine achtet dabei auf regionale und zum Teil auch unverpackte Produkte. Und wenn mal etwas am Haus repariert werden muss, übernimmt Uwe den handwerklichen Teil.
Jeder hat seinen eigenen Rückzugsbereich, aber sie genießen die Gemeinschaft – sei es bei gemeinsamen Kochabenden oder den wöchentlichen „Friends Abenden“ mit Gleichgesinnten aus der Öko Szene. „Alleine leben kann schnell einsam machen, vor allem über 40“, sagt Sabine. „Hier haben wir die perfekte Mischung aus Privatsphäre und Gemeinschaft gefunden.“
Fazit: Kleine Schritte für eine große Veränderung

Wohngemeinschaften bieten einen praktischen Ansatz, den Druck auf den Wohnungsmarkt zu mindern und gleichzeitig mit Umwelt und Mitwelt verbunden zu leben. Doch das ist nur ein winziger Teil der ganzen Herausforderung. Um langfristig eine harmonische und gesunde Lebensweise im Einklang mit der Natur des Planeten zu erreichen, muss das Thema Bevölkerungswachstum als Hauptursache für Biosphärenverlust, Umweltzerstörung, Klimawandel, Artensterben, Plastikverseuchung von Meer und Böden etc. aus seiner Tabuecke raus und global verhandelt werden. In etwa so, wie heute über den globalen Temperaturanstieg verhandelt wird. Gerade um diesen in den Griff zu bekommen, müssten die Zusammenhänge endlich erkannt werden – statt immer nur Löcher zu stopfen. Dies erfordert neben Bewusstseinsarbeit auch politische Aufmerksamkeit für die Schaffung von Anreizen, die sowohl den sozialen als auch den ökologischen Aspekt berücksichtigen und eine planetarisch nachhaltige Lebensweise fördern. So ist es auch nicht länger hinnehmbar, dass in vielen Ländern „viele Kinder haben“ immer noch die einzige Absicherung fürs Alter bedeutet.